Meine Omi kommt ursprünglich aus der Bretagne und als Kind habe ich dort viele wunderbare Ferien verbracht. Um den Kindern die Wurzeln ihrer Uromi näher zu bringen, waren wir 3 Wochen entlang der bretonischen Nordküste unterwegs.
Und dort habe ich mich schlichtweg in den Anblick von Algen verliebt. Sie sind so vielseitig, facettenreich und wie wunderschöne Bilder an die Strände gewachsen.
Während ausgiebiger Strandspaziergänge konnte ich immer wieder Leute beim Sammeln von Algen beobachten. Da ich selber leidenschaftliche Gärtnerin bin und noch so gerne ernte, was die Natur uns zur Verfügung stellt, war mein Interesse jetzt vollends geweckt.
Ein Besuch im Museum der Algenfischer und der Algen in Plouguerneau war sehr aufschlussreich. So findet sich in der Bretagne das grösste Algenfeld Europas und jährlich werden hier über 70.000 Tonnen Algen geerntet. Weltweit werden bis zu zehn Millionen Tonnen Algen jährlich aus den Weltmeeren geerntet. Das meiste aus asiatischen Aquakulturen. Verwendung finden sie neben der Lebensmittelindustrie in Kosmetik, Medizin, Pharmazie und Düngemittelproduktion.
Es gibt etwa 800 verschiedene Algenarten in der Bretagne, doch nur ein Bruchteil ist essbar. Zum Verzehr geeignete Algen sind z.B. braune Wakame, grüne Meeresbohnen, oder rote Nori. Es sind die langen Felsküsten, die starke Gezeitenwirkung, günstige Temperaturen und eine gute Wasserqualität, die in der Bretagne für sehr gute Wachstumsbedingungen sorgen.
Algen sind die ältesten pflanzlichen Organismen der Welt. Sie haben durch ihre Photosynthese die Erdatmosphäre mit Sauerstoff angereichert und den Grundstein für die Entwicklung tierischen Lebens gelegt. Während 2,5 Milliarden Jahren waren Algen die einzigen Pflanzen auf der Welt. Erst vor etwa 500 Millionen Jahren begann die Entwicklung der höheren Pflanzen, abstammend von Grünalgen, die dann die Landflächen eroberten. So kann man Algen durchaus als den Ursprung unserer Existenz betrachten. Allein dafür gebührt ihnen Dank.
Algen bieten ein reiches Ökosystem und Nahrungsangebot für viele Arten, auch für uns. Die Bretonen haben kulinarisch sehr vielfältige Einsatzmöglichkeiten gefunden. Sushi und Algensalat kennt man ja schon. Algen, wie der Meeressalat eignen sich aber auch hervorragend für Rohkostsalate und Smoothies. Sie sind perfekte Begleiter in Suppen, zu Fisch oder in Kombination mit Pasta. Die bis zu 4 m lange Meeresspaghetti können tatsächlich wie Spaghetti zubereitet werden. Lappentang oder Nori-Algen schmecken als Chips oder Gewürz. Ausserdem gibt es noch Algentartar (finde ich persönlich sehr lecker, aber der Rest meiner Familie würde das wohl nicht unterschreiben), mit Algen gewürzte Wurst, ja sogar Tee und Schokolade. Ich selbst habe noch lange nicht alles ausprobiert, freue mich aber schon auf die nächsten Ferien dort.
Ganz nebenbei gelten Algen als Superfood aus dem Meer. Sie liefern reichlich Proteine, Ballaststoffe, Antioxidantien, Vitamine, Spurenelemente, Omega-3-Fettsäuren und einen hohen Chlorophyllgehalt. Bemerkenswert sind ein hoher Anteil an Folsäure, Vitamin B12 und leicht verwertbarem Eisen. Um mit der hohen Belastung an UV-Strahlung zurechtkommen zu können, haben einige Algen starke Antioxidantien in Form von Pigmenten entwickelt.
Für eine bessere Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren wird oft der Verzehr von Fisch empfohlen. Doch Fische produzieren die Fettsäuren nicht selbt, sondern nehmen sie über den Verzehr von Phytoplankton auf. Omega-3 Fettsäuren werden oftmals aus Fischöl gewonnen. Eine alternative Quelle sind Algen, aus denen sich auch ein Omega-3-reiches Algenöl herstellen lässt.
Das Algenernten in der Bretagne ist im Inventar des immateriellen Kulturerbes in Frankreich gelistet. Traditionell wurden sie als Brennstoff, Tierfutter und Düngemittel verwendet. Algendünger wird mindestens seit dem frühen Mittelalter verwendet. Dazu wurde Asche in Erdöfen verbrannt. Algen enthalten die für Pflanzenwachstum so wichtigen Nährstoffe Kalium, Phosphor und Stickstoff. Darüber hinaus enthalten sie noch weitere Mineralstoffe und Spurenelemente, wie z.B. Zink, Natrium, Eisen und Magnesium. Daher ist Algendünger auch heute noch ein wichtiger Dünger v.a. für Biogärten.