Von Pflanzen umgeben zu sein
Von Pflanzen umgeben zu sein, tut gut. Im gärtnerischen Tätigsein können wir unsere Zugehörigkeit zur Natur wahrnehmen und erleben. Schon meine Mutter war leidenschaftliche Gärtnerin und die Zeit mit ihr im Garten gehört zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen. Jäten, schneiden, Schmetterlinge und Blüten bestaunen, Wasserläufer im Weiher beobachten, ausgedehnte Ausflüge in die Gärtnerei, neue Pflänzchen in die Erde setzen... Nun bin ich selber Mutter und habe die grösste Freude, mit meinen Kleinen im Garten zu werkeln. Das Haus, in dem wir wohnen, ist mir ehrlich gesagt gar nicht so wichtig. Aber zu unserem Garten habe ich eine richtige Beziehung aufgebaut. Jedes Jahr werden die Erfahrungen mehr und die Ernte grösser. Seit letztem Sommer haben wir Hochbeete für Wintergemüse und es ist ein tolles Gefühl, in den verschneiten Garten zu laufen und Asiasalate und Federkohl für feine, frische Salate ernten zu können.
Unsere Nahrung ist unser Treibstoff
Unsere Nahrung ist unser Treibstoff, im Idealfall Grundlage unserer Gesundheit und unseres Wohlbefindens. Etwas, das wir alltäglich zu uns nehmen, doch wofür uns als Gesellschaft immer mehr Bewusstsein und Wertschätzung abhanden kommt. Immer mehr Menschen nehmen den Grossteil ihrer Mahlzeiten ausser Haus ein. Und zu Hause werden immer mehr verzehrfertige und zubereitete Lebensmittel konsumiert. Auf konventionelle Lebensmittel wirkt ohnehin ein riesiger Maschinenpark ein. Es wird fleissig pasteurisiert, homogenisiert, gehärtet, emulgiert, pulverisiert, diverse Zusatzstoffe beigefügt, mit einem Ergebnis, das nicht mehr viel mit frischen, nährstoffreichen Lebensmitteln zu tun hat.
Ich bin unserem Garten für seine Ernten sehr dankbar, doch von Selbstversorgung sind wir noch weit entfernt. Um trotzdem in den Genuss von gartenfrischem Gemüse zu kommen, sind wir Mitglied bei einer solidarischen Landwirtschaft geworden.
In der Schweiz gibt es etwa solcher 40 Initiativen. Es geht darum, dass Konsumenten und Produzenten auf lokaler Ebene dirkekt zusammen arbeiten. Konsumenten zahlen jährliche Betriebsbeiträge, die die vollen Produktionskosten abdecken. Das gibt den Produzenten einerseits Planungssicherheit, andererseits macht es sie von Subventionen und Preisdruck unabhängig. Wichtig ist ausserdem das Prinzip der Partizipation. Die Konsumenten können bei der Planung darüber, was wie angebaut wird, mitentscheiden. Mitarbeit in Form von Helfereinsätzen über das Jahr verteilt gehören auch dazu. Denn schonende Anbaumethoden erfordern mehr Handarbeit. Statt Pestizide einzusetzen, treffen sich die Mitglieder zu Jäteinsätzen, zum pflanzen von Setzlingen, ernten für die wöchentlichen Gemüsekörbe. Dabei lernt man immer wieder Neues. Die Konsumenten bekommen in Form eines Gemüseabos erntefrische Ware und dürfen stolz sein, am Entstehen der Nahrungsmittel mitgewirkt zu haben.
Lange Transportwege, Lagerung und Verpackungsmüll entfallen in diesem Prozess. Es gibt kein Foodwaste, denn alles wird verarbeitet, egal wie krumm, verschrumpelt, gross oder klein. Reif geerntetes Gemüse liefert einen höheren Gehalt an Vitaminen und bioaktiven Substanzen. Der schonende Umgang mit dem Boden fördert die Vielfalt seiner Mikroorganismen und somit seine Lebendigkeit und Fruchtbarkeit, so dass er auch langfristig als Grundlage für Nahrungsmittelproduktion dienen kann.
Übrigens: Ackerboden ist Boden des Jahres 2023. Er macht in Deutschland etwa 35%, in der Schweiz etwa 36% der Landesfläche aus. Ackerboden ist das Resultat Jahrtausender alter Kulturgeschichte. Vor etwa 10 000 Jahren vollzog sich bei unseren Vorfahren der Wandel vom Jäger-und-Sammlertum zur Sesshaftigkeit. Unsere Kultur ist aus der Erde gewachsen, aus dem Reichtum der landwirtschaftlichen Vielfalt.
Einerseits muss er vor Bodenverbrauch für Strassen und Neubauten geschützt werden. Andererseits muss seine Lebendigkeit trotz zunehmend intensiver landwirtschaftlicher Nutzung erhalten bleiben, damit er auch künftig Grundlage für Nahrungsmittelproduktion sein kann. Durch den Einsatz von chemischem Dünger und Pflanzenschutzmitteln wird die Vielfalt an Mikroben, Pilzen und Insekten drastisch reduziert. Das setzt einen negative Spirale in Gang. Denn Bodenorganismen sorgen dafür, dass der Boden auf natürliche Art und Weise nährstoffreich bleibt. Indem die natürlichen Bodenorganismen durch die chemischen Düngemittel abgetötet werden, fördert die Nutzung chemischer Düngemitteln die Abhängigkeit von eben diesen Düngemitteln. Ein weiteres Problem entsteht daraus, dass nur ein Bruchteil des eingesetzten chemischen Düngers über die Pflanzenwurzel aufgenommen wird. Vieles versickert einfach im Boden und gelangt in Grundwasser und Fliessgewässer, die dann regelrecht überdüngt werden.
In einer Zeit, in der uns der Bezug und das Bewusstsein für gesunde Nahrung, ihre Herkunft und Produktion abhanden gekommen sind, können wir uns auf das persönlich machbare konzentrieren. Vom Konzept der solidarischen Landwirtschaft können alle profitieren: der Boden, lokale Produzenten und wir als Mitglieder. Mögen noch viele solcher Initiativen wie Pilze aus dem Boden spriessen und die Menschen wieder näher zu den Lebensmitteln und auch zueinander bringen.
Wer Lust bekommen hat, kann hier schauen, welche Projekte es wo gibt.